Corona trifft Theater – Online-Abschlusspräsentation des Literaturkurses (1)

Was wäre eigentlich gewesen, wenn Romeo nicht zu Julia hätte gehen können, weil so eine kleine Pandemie mit Ausgangssperre dazwischengekommen wäre? Und was wäre dann aus Antigone oder Woyzeck geworden?

Der Literaturkurs verrät es in seiner Online-Abschlusspräsentation! Vorstellungen abgesagt – wir machen trotzdem Theater: Eine szenische Collage aus Texten der Weltliteratur hätte in diesem Jahr auf dem Programm gestanden. Hiervon ausgehend haben die Schüler/innen Monologe ihrer Figuren erarbeitet (und in einer Videokonferenz präsentiert). Sie sollten sich vorstellen, dass ihre Figur unmittelbar vor der eigentlich zu spielenden - und bereits eingeprobten - Szene die Nachricht erhält, wegen einer gefährlichen ansteckenden Krankheit sofort in Quarantäne zu müssen.

Die Monologe der Schüler/innen werden bis zu den Ferien in loser Folge auf der Homepage präsentiert. Ältere Beiträge sind im Nachrichten-Archiv zu finden.

 

Monolog 1: „Tartuffe“ von Molière

Darum geht es in diesem Theaterstück: Marianne soll auf Geheiß ihres Vaters den Hochstapler Tartuffe heiraten. In ihrem Dienstmädchen Dorine findet sie eine Verbündete, um dies zu verhindern. Denn viel lieber als Tartuffe ist ihr Valere.

 

(Marianne zu Valere und Dorine, aus dem Fenster schauend)

Wie traurig er mich anblickt. Mir scheint, als ob die Sonne bei dieser Miene aufhören müsste zu strahlen. Und doch scheint sie auf ihn herab und lässt mich hier in der Dunkelheit zurück. Wie gern wäre ich bei ihm, wenn uns diese Seuche doch nicht trennen würde!

Wie ein gefallener Engel schaut er drein - und sieht doch aus wie ein Wahrhaftiger.

Sie! (ans Publikum wendend)

Sie müssen sich wohl wundern: Worüber hat die Tochter des Origon sich schon zu begrämen? Hat doch alles.

Und doch nichts.

Der Liebe Schmach erliege ich stündlich, und wäre doch diese Seuche nicht! Ich wäre fort bei ihm.

(Sich wieder zum Geliebten wendend)

Valere, wenn wir doch nur Schmetterlinge wären! Zusammen würden wir davonfliegen!

(Dorine klopft an die Zimmertüre)

- Was? Was höre ich da? Dorine begehrt Einlass! Doch wohl nicht zu dieser Unzeit!-

(Sich wieder Valere widmend)

- Wie? Zeit zum Ankleiden schon! So warte noch vor der Tür! -

(Vor sich hin murmelnd)

Lass mir doch dies bisschen Tagträumerei.

(Dorine ruft mit lauter werdender Stimme)

- Was? WAS sagst du? Nachricht über den Herrn Tartuffe, eine Eilmeldung gar! Ja, hat ihn denn die Seuche schon übermannt? -

(Belustigung seitens Dorine)

- Ach, nein, hoffen tu ich’s freilich nicht! Gott soll frei verfügen über sein Werk! -

(Schallendes Gelächter durchsetzt mit einigen Worten)

- Tartuffe, am fünften Tage geschaffen! Dorine, so schweige endlich! Hüte dein gotteslästerliches Mundwerk. -

(Sich seufzend zu Valere hinwendend)

Soll die Welt doch falsch sein! Ich habe doch dich. Unserer baldigen Hochzeit steht nur noch diese Plage im Wege, selbst Vater nicht!

Aber für den Moment sage ich Adieu, mein Schmetterling. Flieg von dannen!

Doch verletze die Rosen nicht! Sie stammen noch von Mutter.

(Niest)

Diese Pollen! Furchtbar.

(Rufend)

- Dorine, ich lasse bitten! -