Corona trifft Theater – Online-Abschlusspräsentation des Literaturkurses (2)

Was wäre eigentlich gewesen, wenn Romeo nicht zu Julia hätte gehen können, weil so eine kleine Pandemie mit Ausgangssperre dazwischengekommen wäre? Und was wäre dann aus Antigone oder Woyzeck geworden?

Der Literaturkurs verrät es in seiner Online-Abschlusspräsentation! Vorstellungen abgesagt – wir machen trotzdem Theater: Eine szenische Collage aus Texten der Weltliteratur hätte in diesem Jahr auf dem Programm gestanden. Hiervon ausgehend haben die Schüler/innen Monologe ihrer Figuren erarbeitet (und in einer Videokonferenz präsentiert). Sie sollten sich vorstellen, dass ihre Figur unmittelbar vor der eigentlich zu spielenden - und bereits eingeprobten - Szene die Nachricht erhält, wegen einer gefährlichen ansteckenden Krankheit sofort in Quarantäne zu müssen.

Die Monologe der Schüler/innen werden bis zu den Ferien in loser Folge auf der Homepage präsentiert. Ältere Beiträge sind im Nachrichten-Archiv zu finden.

 

Monolog 2: Der Anruf

Darum geht es: Eine Frau. Ein Telefon. Ein Klingeln.

 

(„Sie“ sitzt gelangweilt in ihrem Zimmer und spielt mit einem Jo-Jo. Das Telefon klingelt. Nach einer Weile geht sie entnervt dran.)

Hallo? (Stimmung erhellt sich plötzlich.) Ah, Dr. Malatesta, wie komme ich denn zu der Ehre? Sie waren doch erst vor einer Woche hier, haben Sie etwa schon wieder eine neue Schönheitscreme? - Nein?  - Eine Tablette? - Salbe? Ja, warum rufen sie denn dann an? - Was? Beruhigen Sie sich, Herr Doktor, ich kann Sie kaum verstehen. - Ich kann Sie nicht verstehen. Ich… egal, fahren Sie fort. Aber LANGSAMER. (Hält Telefon außer Hörweite.) Ist ja nicht so, als hätte ich irgendetwas anderes zu tun. (Schaut auf Glas mit Alkohol.) Na ja, außer das (trinkt, nimmt Hörer wieder ans Ohr). - Ja, ich höre Ihnen zu. (Angeekelter Gesichtsausdruck.) Sie haben bitte was? Das hört sich ja furchtbar an! Ist das ansteckend? - Wie, deswegen rufen Sie an? Quarantäne? Was ist das? - Ich darf nicht rausgehen? Na, das ist ja was ganz Neues. - Und besuchen darf mich auch niemand? Warum das nicht? - Es wird über die Atmung übertragen? Was ist, wenn ich meinen Mund desinfiziere? (Guckt auf Flasche.) 90 %, das sollte doch reichen, oder? (Gurgelt mit Wodka.) So, jetzt kann ich doch wieder Besuch empfangen. - Was fällt Ihnen eigentlich ein? Ich bin eine Komtesse, ich mache hier die Vorschriften! Warten Sie nur bis mein Herr Vater aus Wien zurückkommt! Dann… (Stille) Hm. Na gut, geschlossene Grenzen erschweren seine Rückkehr natürlich. (Trotzig) Trotzdem, so haben Sie nicht mit mir zu sprechen, Guten Tag! (Legt auf, seufzt.) Was sich die Menschen heutzutage herausnehmen. Immerhin bin ich von adligem Geblüt. Nur mein Vater kann mir befehlen in diesem Schloss zu verweilen und es ist schlimm genug, dass ER das tut. Wenn doch wenigstens meine Frau Mutter einschreiten würde. Aber nein, sie und Papa verstehen sich schlecht. Statt sich um ihrer Kinder willen zu versöhnen, machen sie eine romantische Reise nach Wien, um ihre Ehe zu retten. Mich lassen sie hier ganz alleine zurück, außer wenn Papa möchte, dass ich den Graf bespaße. Man würde meinen, sie wüssten nicht, dass ich ein Mensch bin. Und nur weil der feine Herr Doktor eine potenziell tödliche Krankheit hat, darf ich jetzt nicht mal mehr meine Freundinnen zum Tee einladen. (Seufzt) Es ist einfach anstrengend. Immerhin habe ich ja einen besten Freund, der nicht von meiner Seite weicht (schaut auf Flasche, nimmt sie in den Arm wie ein Kind). Jetzt sind es nur noch wir beide, Kleiner. Meine Eltern lassen mich ganz alleine, ich habe eventuell eine tragische Krankheit und niemand bekommt es mit. Ich bin ja in Quarantäne. Eingeschlossen. Wie ein Tier in einem Käfig. Jetzt rede ich schon mit einer Flasche. (Zuckt mit den Schultern.) Na ja, immer noch besser als der Graf. (Trinkt aus der Flasche.)