Interview-Serie „Ehemalige und ihr beruflicher Werdegang“

HEUTE: Dr. Maik Luu

Im Verlauf dieses Schuljahrs stellen wir hier auf unserer Homepage ehemalige Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums Eschweiler vor, deren Lebenswege nach ihrem Abitur für unsere Schülerschaft gerade in der gegenwärtigen Situation interessant und ermutigend sein können.

Wir freuen uns riesig, dass sich Dr. Maik Luu neben seiner Habilitation Zeit genommen hat, unsere 10 Fragen zu beantworten.

Nachgefragt – Ehemalige und ihr beruflicher Werdegang

1.      ­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­Wie lange liegt Ihre Schulzeit am Städtischen Gymnasium Eschweiler zurück? Seit dem Abitur im Jahr 2012 sind 9 Jahre vergangen. Es ist kaum zu glauben, dass mein Jahrgang im nächsten Jahr bereits das 10-jährige Abi feiern wird.

2.      Wann wussten Sie, welchen beruflichen Weg Sie einschlagen wollten? Das hat tatsächlich recht lange gedauert. Ich habe schon immer eine Faszination für biologische und chemische Systeme an den Tag gelegt. Dementsprechend fiel auch die Wahl meiner Leistungskurse aus. Ich hatte das Glück zu der Zeit auch am Programm „Studieren vor dem Abi“ an der RWTH teilnehmen zu dürfen, wodurch ich Einblick in den Studiengang Chemie erhalten hatte. Mir wurde recht schnell klar, dass ich die Materie zwar mochte, aber mir die Anwendung des Fachs zu trocken sein würde. Mir gefiel die Biologie hinter der Medizin. Der Studiengang Biologie selbst wiederum erschien mir zwar deswegen naheliegender, jedoch gefiel mir der Gedanke nicht Pflanzenphysiologie lernen zu müssen, um am Ende doch lieber mit pathologischen Prozessen im Menschen zu arbeiten. Obwohl ich lange überlegt habe Medizin zu studieren, wollte ich eher den molekularen Mechanismen von Erkrankungen nachgehen. Glücklicherweise habe ich kurz vor dem Abitur über Freunde von den damals recht neuen Studiengängen im Bereich der molekularen Medizin/ Biomedizin gehört, welche genau diesen Fokus hatten. Damit war die Entscheidung gefallen.

3.      Welcher beruflichen Tätigkeit gehen Sie heute nach? Heute arbeite ich als Senior-Postdoc im Bereich der Tumorimmunologie am Universitätsklinikum Würzburg. Ich bin promovierter Humanbiologie mit Spezialisierung in molekularer T-Zell-Immunologie. Das klingt alles sehr hochtrabend, aber es bedeutet lediglich, dass ich ein Wissenschaftler bin, der seine naturwissenschaftliche Doktorarbeit abgeschlossen und bereits fortgeschrittene Erfahrung im akademischen/ universitären Betrieb hat. Mein Spezialgebiet sind die weißen Blutkörperchen, also die Immunzellen, welche für die Abwehr von Krankheitserregern und Tumorzellen verantwortlich sind. Derzeit nutze ich dieses Wissen, um eine Untergruppe dieser Immunzellen, die sogenannten T-Zellen, genetisch so zu manipulieren, dass sie spezifisch gegen Tumorzellen agieren. In der Klinik wird diese Technik genutzt, um die T-Zellen aus dem Blut des Krebspatienten zu isolieren, sie in der Petrischale (in vitro bzw. ex vivo) gegen die Tumorzellen zu bewaffnen und die Killer-Zellen wieder in den Patienten zurückzuführen. Ich arbeite mit einem kleinen Team unter meiner Leitung daran diese Zellen noch effektiver zu machen und zu ergründen, welche Rolle das Mikrobiom bei Krebs spielen kann.

4.      Welche Ausbildungsschritte lagen davor? Ich habe zunächst im Bachelor den Studiengang Humanbiologie/ Biomedical Science in Marburg an der Lahn, an der Philipps-Universität, studiert. Ich habe mich dabei für das Hauptfach Infektionsbiologie entschieden. Bis zum Bachelorabschluss waren es 3 Jahre. Ich habe danach den 2-jährigen Master-Studiengang in derselben Spezialisierung begonnen, wobei mein Betreuer aus der Bachelorarbeit mir anbot am Fast Track-Promotionsprogramm der Uni teilzunehmen. Dieses erlaubte mir aufgrund meiner Leistungen den Master nach bereits einem Jahr zu beenden und anstelle der Masterarbeit bereits die Doktorarbeit zu beginnen. Meine naturwissenschaftliche Promotion habe ich ungewöhnlich schnell nach ca. 2 Jahren und 4 Monaten mit summa cum laude abschließen können. Durch eigene Forschungsgelder war es mir möglich ein weiteres Projekt als Postdoc in Marburg für zwei Jahre zu betreuen. Seit dem Frühjahr 2021 bin ich nun in Würzburg tätig, um hier den Weg der Habilitation zu gehen, um mich eventuell eines Tages für eine Professur qualifizieren zu können.

5.      Womit verbringen Sie die meiste Zeit an einem typischen Berufstag? Die Tage sind in der Regel recht variantenreich. Allgemein versucht man Lehre (Ausbildung von Studierenden und Auszubildenden) im Rahmen von Praktika, Vorlesungen oder Seminaren mit Forschung zu vereinbaren. Der Forschungsanteil besteht dabei aus dem Schreiben von Anträgen, um Forschungsgelder und somit Sachmittel oder Personalstellen einzuwerben. Dazu kommen die Planung von Laborexperimenten und die Umsetzung dieser. Molekularbiologische oder biochemische Versuche, die Arbeit mit Immunzellen und Tumorzellen sowie unterschiedliche Analyse-Verfahren gehören zum täglichen Brot. Das Präsentieren der Forschungsdaten und –ergebnisse gehört auch regelmäßig dazu, im Rahmen von Gruppen-internen oder öffentlichen Vorträgen sowie von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, welche Gutachter-Prozesse durchlaufen.

6.      Was mögen Sie an Ihrem Beruf am liebsten? Mir gefällt die Abwechslung, die jeder Tag mit sich bringt. Es ist nie monoton und besonders vor dem Hintergrund zur aktuellen, medizinischen Forschung beizutragen, ist die eigene Arbeit auch international sichtbar. Die Molekularbiologie, die man aus dem Biologie-Unterricht kennt, einzusetzen, um neue genetische Konstrukte zu designen und zu testen, ist darüber hinaus einfach faszinierend.

7.      Worauf führen Sie ihren beruflichen Erfolg mehr zurück – auf Glück oder eigene Leistung? Obwohl ich primär eigene Leistung benennen würde, spielen Glück, Kontakte und Zufall immer eine Rolle. Es haben sich oftmals Türen geöffnet, die aber auch mit großen Herausforderungen verbunden waren, um von den Möglichkeiten zu profitieren. Man muss die sich bietenden Chancen also wahrnehmen oder sogar versuchen sich diese selbst zu schaffen, aber sich dann auch beweisen. Man könnte sagen, dass ich bisher recht gut in Chancenverwertung gewesen bin.

8.      Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie mit dem Wissen von heute einen anderen Weg wählen? Ich würde alles genauso machen. Ich habe zu Beginn meiner Laufbahn oft daran gezweifelt, dass es der richtige Weg ist. Es waren nicht immer alle Etappen angenehm, aber das gehört dazu. Nichts, was sich zu haben lohnt, fällt einem einfach in den Schoß.

9.      Was raten Sie heutigen Schülerinnen und Schülern, die nach Orientierung suchen? Unsere heutige Zeit vergeht unglaublich schnell und ist von Zeitdruck sowie Hektik geprägt. Es tut gut sich Zeit für Entscheidungen zu nehmen und nichts zu überstürzen. Gerade am Anfang des Studiums oder der Ausbildung kann man noch kaum einschätzen, ob es der richtige Weg für einen selbst ist. Wichtig sollte am Ende sein, ob das Studium bzw. die Ausbildung und das Berufsbild Spaß machen. Schaut man bei der Arbeit nicht auf die Uhr und empfindet den Beruf als Hobby, ist es eine tolle Motivation, um sich weiterzuentwickeln. Auch wenn man auf Hindernisse stößt, lohnt es sich nicht direkt die Flinte ins Korn zu werfen. Gerade das Studium nimmt einen, im Gegensatz zur Schule, selten an die Hand und fordert Selbstständigkeit. Bekanntlich wächst man an seinen Herausforderungen, die man sich vielleicht auch das ein oder andere Mal selbst auferlegen muss. Das kann beispielsweise der Auszug aus dem Elternhaus in eine etwas weiter entfernte Stadt sein. Das lehrt Unabhängigkeit und Selbstversorgung. Dazu gehört möglicherweise ebenso sich sozial zu engagieren und fremden Menschen eine Chance zu geben sie kennenzulernen, obwohl die Zeit knapp ist. Ich bin heute noch erstaunt wie viel mir der Einsatz für andere zurückgegeben und mich menschlich geprägt hat. Ein gesunder Ausgleich sollte natürlich nie zu kurz kommen. Sport, Hobbys und Unternehmungen mit Freunden schaffen wieder Raum für gute Ideen.

10.  Wie lautet Ihr persönliches Motto oder ein Sprichwort, das Sie besonders mögen? Einen Leitspruch habe ich zwar nicht, aber in Gedanken versuche ich immer dankbar dafür zu sein in einem so privilegierten Land wie Deutschland leben und arbeiten zu dürfen. Gerade Forschung ist meist nur in Ländern mit ausreichenden finanziellen Mitteln möglich. Dann noch einen Job zu haben, in dem man seiner Neugierde nachgeht, ist eine glückliche Fügung. Es geht vielen Menschen also deutlich schlechter als uns, weshalb ich versuche mich nicht über Kleinigkeiten im Alltag zu beschweren. Manchmal hilft es schon sich in ärgerlichen Situationen mit dem „Warum“ auseinanderzusetzen und die Perspektiven zu tauschen. Das schafft Verständnis und man überwindet Niederlagen sowie Konflikte konstruktiv, egal ob beruflich oder privat.

                                                                                                                                Vielen Dank!

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Weitere Informationen kann man im nachfolgenden Interview von Februar 2020 nachlesen, für dessen Erlaubnis zur Veröffentlichung wir uns ganz herzlich bedanken.

https://blog.mittelhessen.eu/www/im-gesprach-mit-dr-maik-luu-lassen-sich-freizeitaktivitaten-mit-einem-doktortitel-vereinen

Das Foto hat Frau Christina Mühlenkamp, Pressestelle Marburg, gemacht.