Corona trifft Theater – Online-Abschlusspräsentation des Literaturkurses (Teil 7)

Was wäre eigentlich gewesen, wenn Romeo nicht zu Julia hätte gehen können, weil so eine kleine Pandemie mit Ausgangssperre dazwischengekommen wäre? Und was wäre dann aus Antigone oder Woyzeck geworden?

Der Literaturkurs verrät es in seiner Online-Abschlusspräsentation! Vorstellungen abgesagt – wir machen trotzdem Theater: Eine szenische Collage aus Texten der Weltliteratur hätte in diesem Jahr auf dem Programm gestanden. Hiervon ausgehend haben die Schüler/innen Monologe ihrer Figuren erarbeitet (und in einer Videokonferenz präsentiert). Sie sollten sich vorstellen, dass ihre Figur unmittelbar vor der eigentlich zu spielenden - und bereits eingeprobten - Szene die Nachricht erhält, wegen einer gefährlichen ansteckenden Krankheit sofort in Quarantäne zu müssen.

Die Monologe der Schüler/innen werden bis zu den Ferien in loser Folge auf der Homepage präsentiert. Ältere Beiträge sind im Nachrichten-Archiv zu finden.

 

Monolog 7: Dorine aus Molières „Tartuffe“

Darum geht es in diesem Theaterstück: Marianne soll auf Geheiß ihres Vaters den Hochstapler Tartuffe heiraten. In ihrem Dienstmädchen Dorine findet sie eine Verbündete, um dies zu verhindern. Denn viel lieber als Tartuffe ist ihr Valère.

 

Hat es mir denn die Sprache ganz verschlagen, als ich erfuhr, dass eine Seuche ausgebrochen ist, die alle zwingt in ihrem Hause zu verweilen? Und dass dies bedeutet, dass der Herr Tartuffe auch in diesem Hause bleiben wird? Mon Dieu! Schon bevor dieser Jemand aufgetaucht ist, war der Herr Orgon nicht sehr gut auf mich zu sprechen. Jedoch seit dieser „Herr Tartuffe“ hier ist und diese Familie verführt, ist Herr Orgon immer noch näher daran mir den Laufpass zu geben. Vor allem, wenn unser Fräulein Marianne vor ihrem Vater, mal wieder, ihren Mund nicht aufbekommt und ihm nicht einfach sagt, dass sie ihren Versprochenen, Valère, heiraten will. Ich weiß, ich kann diese Arbeit mit nur einem falschen Wort verlieren, doch kann ich nicht tatenlos zusehen, wie Marianne sich einen Mann von solchen Qualitäten auferlegen lässt. Dieses Problem, nicht das Meine, sondern das Ihre, wird sich durch diese Seuche auch nicht wieder so einfach aus der Welt schaffen lassen. Jetzt, wo es sicher ist, dass er bleiben kann, wird der „Herr Tartuffe“ der Familie des Herrn Orgon noch mehr Honig ums Maul schmieren, sodass entweder Marianne endlich etwas sagen muss oder Herr Tartuffe seinen hinterlistigen Willen bekommt und somit sie zur Frau nimmt. Ob ich das alles noch hier auf dem Anwesen miterleben werde? Das wird sich wohl zeigen, aber ich werde sicherlich nicht meine Zunge hüten. Das arme, hilflose Fräulein Marianne, welches ihren Traummann schon in Valère gefunden hat, wird definitiv meine Hilfe und meinen Rat benötigen. Der Herr Orgon ist hoffentlich noch nicht so toll auf seinen Herrn Tartuffe, dass er seine Tochter zwingt diesen Widerling letztendlich doch zu ehelichen. Obwohl ... der Herr Tartuffe wickelt diese Familie um seinen Finger. Man weiß nichts über ihn. Nicht woher, nicht seine Umstände, doch trotzdem ist das Hause Orgon verrückt nach ihm. Bis auf unser Fräulein Marianne. Ich kann es ihr nicht übelnehmen. Ich misstraue dieser Figur, diesem Mann. Die Unklarheit, die ihn umgibt, ist sehr ungewöhnlich und seine Aufdringlichkeit angsteinflößend. Aber sie schwebt in Gefahr ihn zu heiraten. Mein alter Herr hat immer gesagt, dass man zwar gern für seine Liebe Opfer bringt, doch nicht um anderer Wünsche zu erfüllen und dass man darum eine Person nur um seinetwegen heiraten soll. Das muss Marianne noch verinnerlichen, um ihrem Vater gegenüber zu treten und ihm zu verstehen zu geben, dass die Heirat mit Herrn Tartuffe eine Gewalttat ihr gegenüber wäre und sie sich deshalb, und aus ihrer innigen Liebe zu Valère, gegen die Abmachung stellt. Ich bin mir absolut bewusst wovon ich hier rede, ich darf mir ihr Klagen, über ihre Sehnsucht nach Valère, schließlich tagtäglich anhören. Aber ob sie Valère so sehr liebt, um sich ihrem Vater zu widersetzen und somit seine Missgunst zu ernten? Marianne ist zu sehr Kind für dies. Mit Ärger kann dies brave Mädchen wahrlich nichts anfangen.

Was habe ich gleich nochmal gesagt? Ich bin in diesem Haus, mit Marianne Herrn Orgon, dem Rest der Familie und Herrn Tartuffe auf unbestimmte Zeit eingekerkert? Ohne Valère? Vielleicht wäre es doch besser, wenn Marianne mundtot wäre. Ihr Klagen wird Tage, Wochen, wenn nicht sogar Monate andauern während dieser Seuche, dieser Quarantäne. Marianne kann Valère nicht sehen, ihm nicht einmal einen Boten schicken. Ich werde unter ihrem Klagen erdrückt werden; oder noch schlimmer: Sie könnte Gefallen an Herrn Tartuffe finden. Mit seiner prallen Haut und seinen roten und dicken Ohren. (schüttelt sich) Das darf nicht geschehen! Es ist nicht sehr wahrscheinlich, aber im Bereich des Möglichen. Mon Dieu, das wäre eine Katastrophe! Dieser schleimige Tartuffe darf unsere liebe, hilflose Marianne nicht auch blenden. Ich werde dies mit aller Macht versuchen zu verhindern.

Ich hoffe, Herr Tartuffe wird bald sein wahres Ich zeigen, damit sich diese missliche Lage verbessert. Aber unser Fräulein Marianne muss endlich ihre Gefühle ihr Handeln bestimmen lassen. Ich muss ihr diese wichtige Lektion geben. Sie wird diesen Rat brauchen.