Interview-Serie „Ehemalige und ihr beruflicher Werdegang“ – HEUTE: Bürgermeisterin Nadine Leonhardt

Im Verlauf dieses Schuljahrs stellen wir hier auf unserer Homepage ehemalige Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums Eschweiler vor, deren Lebenswege nach ihrem Abitur für unsere Schülerschaft gerade in der gegenwärtigen Situation interessant und ermutigend sein können.

Zu unserer großen Freude hat sich Bürgermeisterin Nadine Leonhardt trotz extrem hoher Arbeitsbelastung in den vergangenen Wochen Zeit genommen, unsere Fragen in einem persönlichen Gespräch ausführlich zu beantworten. Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals ganz herzlich dafür bedanken.

 

Nachgefragt – Ehemalige und ihr beruflicher Werdegang – Nadine Leonhardt

1.      ­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­Wie lange liegt Ihre Schulzeit am Städtischen Gymnasium Eschweiler zurück?

Ich habe 1996 am Städtischen Gymnasium Abitur gemacht.

2.      Wann wussten Sie, welchen beruflichen Weg Sie einschlagen wollten?

Also das, was ich jetzt mache und den beruflichen Weg dorthin, das wusste ich eigentlich auch noch nicht vor fünf oder sechs Jahren. Was ich schon wusste nach dem Abitur war, dass ich auf jeden Fall etwas machen wollte, was meine Interessen widerspiegelt. Und da war mir eigentlich relativ schnell klar, dass ich auf jeden Fall im Bereich von Gesellschaftswissenschaften und Geschichte etwas machen wollte.  Ursprünglich wollte ich in Richtung Geschichte und Archäologie gehen, hatte aber auch immer schon Interesse an Politik. Im Studium habe ich dann gemerkt, wieviel Spaß mir Politik macht und dann habe ich Politik studiert.  Also von meinem Werdegang her wusste ich schon immer, dass ich mich interessiere für die Frage, wie Menschen zusammenleben. Ich hatte dann auch den Schwerpunkt im Bereich Ostasien-Wissenschaften, weil mich schon immer interessiert hat, wie  man in anderen Kulturen zusammenlebt. Wie lebte man in anderen Zeiten zusammen, wie lebt man heute zusammen, das war eigentlich immer das, was mich interessiert hat. Ich wusste nie, was ich damit so richtig anfangen würde, aber mir war immer klar, dass das mein Interesse ist und dass ich in dem Bereich irgendetwas machen wollte. Und in letzter Konsequenz hat mich das dann ja auch hierher geführt, denn das ist ja auch jetzt die Frage: Wie leben wir in der Stadt zusammen und was möchten wir für die Zukunft.

3.      Welcher beruflichen Tätigkeit gehen Sie heute nach?

Ich bin seit November 2020 die Bürgermeisterin der Stadt Eschweiler.

4.      Welche Ausbildungsschritte lagen davor?

Ich habe studiert an der Universität Trier, Politikwissenschaften mit Schwerpunkt  internationale Beziehungen. Dann habe ich an der Ruhr-Universität in Bochum gearbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich der Ostasien-Wissenschaften. Danach war ich an der Fachhochschule in Aachen und dort in einem Bereich, wo es darum ging,  wie man den Übergang von der Schule zur Hochschule etwas besser machen und vereinfachen kann und wie man Prozesse gestalten kann auch innerhalb einer Hochschule. Das war meine letzte Tätigkeit an der Fachhochschule. Ich habe dann  ab 2007 angefangen ehrenamtlich Kommunalpolitik zu machen. Ich war davor zwar immer schon politisch interessiert, habe aber  nie so aktiv mitgewirkt. Das hat sich dann mehr und mehr entwickelt. Zuerst habe ich bei mir im Ortsverein mitgearbeitet und 2009 habe ich dann zum ersten Mal für den Rat kandidiert und bin gewählt worden. 2014 wurde ich dann hier Fraktionsvorsitzende - alles noch im Ehrenamt. In der Zeit habe ich natürlich viel von der Politik der Stadt mitbekommen und gemerkt, wie sehr mir das Freude macht zu gestalten und das gemeinsam auch mit Menschen zu machen.  Als dann klar wurde, dass Rudi Bertram nicht mehr antreten möchte, hab ich gesagt, dass ich mir das für mich vorstellen könnte und hab dann kandidiert.

5.      Womit verbringen Sie die meiste Zeit an einem typischen Berufstag?

So einen typischen Berufstag gibt es eigentlich gar nicht, es ist von Tag zu Tag sehr unterschiedlich. Im Kern ist es ein Mix aus verschiedenen Tätigkeiten. Ich bin ja jetzt Chefin der Verwaltung, d.h. ich führe auch diese Verwaltung. Und da gibt es natürlich  Rücksprachen, den Verwaltungsvorstand, die Frage, wie man die Verwaltung an sich und die Abläufe organisiert, aber auch, was man für die Zukunft haben möchte. Dann hat man als Bürgermeisterin natürlich auch viele repräsentative Termine, die auch sehr oft am Abend oder am Wochenende liegen, wie z.B. Besuche von Vereinen und vieles mehr. Der dritte Aspekt ist natürlich auch die Außendarstellung, die Kontakte nach außen überörtlich zu anderen Kommunen, zum Ministerium, zur Bezirksregierung, da hat man natürlich auch viele Termine. Das sind eigentlich so die wichtigsten Dinge, mit denen man sich hier beschäftigt. Und dann kommt es immer ganz darauf an, wie der Tag so durchläuft, das kann man nur schwer vorhersagen. Von daher gibt es eigentlich so einen typischen Berufstag gar nicht, die Schwerpunkte wechseln im Ausmaß.

6.      Was mögen Sie an Ihrem Beruf am liebsten?

Genau das! Ich finde das sehr schön, wenn man eine große Bandbreite hat, ich finde es auch schön, wenn man viel mit Menschen zu tun hat, so wie ich es in meinem Beruf habe. Und ich finde es auch toll, wenn man Sachen umsetzen kann, also wenn man  sagen kann: Ok, das ist ein Projekt, das haben wir vor drei oder vier Monaten oder Jahren vielleicht sogar angedacht und da sind wir dran geblieben, und jetzt passiert auch was - das ist so das Schönste am Beruf.

7.      Worauf führen Sie ihren beruflichen Erfolg mehr zurück – auf Glück oder eigene Leistung?

Ich glaube, dass man beides braucht. Man muss natürlich bereit sein, sich einer Sache zu verschreiben und auch Leistung zu bringen, sowohl im Studium als auch jetzt im Beruf, das geht gar nicht anders. Ein solcher Beruf erfordert einen ganz hohen Einsatz.  Aber es ist natürlich auch so, dass man immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss - vielleicht auch in der richtigen Phase des Lebens. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass ich manche Dinge nicht weiter getan habe und manche Wege nicht weitergegangen bin, weil ich gedacht habe, dass das im Moment nicht passt zu dem, was ich z.B. dann auch familiär hatte oder ähnlichem. Das würde ich dann als Glück ansehen, dass man in dem Moment eine Chance bekommt, wenn es auch zum persönlichen und beruflichen Leben passt - und das muss passen.

8.      Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie mit dem Wissen von heute einen anderen Weg wählen?

Nein, das würde ich nicht. Also das ist schon in Ordnung so. Ich glaube, dass die Entscheidungen, die man  getroffen hat, dass die vor dem damaligen   Hintergrund richtig waren und ich hänge ja nicht diesen Fragen nach „was wäre gewesen wenn“ - es gibt  kein Parallel-Leben. Vielleicht hätte ich mir in der Oberstufe selbst gesagt, dass ich mir noch mehr vertrauen soll, dass schon alles wird, das würde ich schon sagen. Leider habe ich mich oft sehr unterschätzt, man ist ja so unsicher in dieser Zeit, aber man sollte einfach Vertrauen in die Zukunft haben.

9.      Was raten Sie heutigen Schülerinnen und Schülern, die nach Orientierung suchen?

Erstmal sich selbst zu vertrauen, das finde ich ganz wichtig. Und dann auch nicht nur die Ausbildung im Blick zu haben, also das Studium oder die Ausbildung, die man anstrebt, sondern auch zu wissen, dahinter steht ja der alltägliche Beruf. Und dieser Beruf, den übe ich dann aus, und der muss mir im Kern Spaß machen. Ich glaube in jeder Tätigkeit hat man Dinge, die macht man nicht so gerne und auch mal Phasen, in denen man sagt, es ist eigentlich nicht das, was ich machen möchte. Aber der Kern, der muss irgendwie da sein, und den würde ich versuchen für mich zu finden. Denn das ist ja dann später auch das, was wichtig ist und trägt und  einen langfristig erfolgreich sein lässt.

10.  Wie lautet Ihr persönliches Motto oder ein Sprichwort, das Sie besonders mögen?

Kein Motto oder persönliches Sprichwort, aber die Überzeugung, dass immer alles möglich ist und dass man manchmal einfach nur Geduld haben muss. Es gibt ja diesen Satz  „Wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf.“ Es gibt nicht die eine Chance im Leben und danach ist alles vorbei, sondern es gibt so viele Dinge, die man erfahren und erleben kann. Ich glaube, das ist auch wichtig für junge Leute.  Ich hatte auch in meinem Berufsleben immer andere Schwerpunkte. Es ist wichtig, dass man sich selber sagt, man muss nicht immer am gleichen Platz bleiben. Es gibt immer eine Weiterentwicklung in die eine oder andere Richtung. Und selbst wenn man bleibt, hat man ja oft einen anderen Zugang zum Job und es kommen neue Felder hinzu, und das ist auch schön. Man ist nicht der Gleiche wie vor zehn Jahren.  

 

 Vielen Dank!